Bended Realities ist ein Festival, bei dem es um kulturelle Ausdrucksformen und neue gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten der sich entwickelnden Netzwelt geht. Informationen werden zugänglich, Beziehungen und gesellschaftliche Verhältnisse neu gestaltbar, Realitäten veränderbar. Circuit Bending, das experimentelle, vor allem auf Musik und Klangerzeugung ausgerichtete Neuverdrahten und -verschalten von Elektronik jeglicher Art, ist dabei ein exemplarischer Ausgangs und Kristallisationspunkt.
Das Festival konzentriert sich nicht nur darauf eine Bühne zu bieten, sondern will durch Workshops und Vorträge die Möglichkeit zum selber machen/erfahren/ausprobieren und reflektieren als integralen inhaltlichen Bestandteil in den Mittelpunkt stellen.
Die Kunst des Selbermachens
Unter großem Zeitdruck zwischen Winterpause, HfG-Rundgang und studentischen Sommerferien ist das diesjährige Bended Realities Festival erstmalig, komplett ohne Förderungen von uns selbst organisiert worden.
Georg P. Thomann
Trotzdem hat das Programm einiges an Höhepunkten zu bieten: Frank Apunkt Schneider, vom österreichisch/deutschen Netzkunstkollektiv monochrom hält einen Vortrag über den (vermutlich-) fiktiven Künstler Georg P.Thomann, der es immerhin bis auf die Biennale in Sao Paolo, in politische Verwicklungen mit China und zahlreiche internationale Zeitungen geschafft hat.
Stefanie Wuschitz
In Zusammenarbeit mit Prof. Ulrike Gabriel von der HfG Offenbach präsentiert Stefanie Wuschitz vom Miss Baltazars Laboratory aus Wien Strategien weiblicher Selbstermächtigung durch freies Experimentieren mit Open Source Bauteilen und Software.
Noise?
Dr. Matze Schmidt wird seinen interaktiven Vortrag mit Publikumsbeteiligung über Noise als Widerstandsform halten, während Lars Becler und Peter Pawlicki ihr selbstgebautes weltweit einmaliges „no-input mixing based instrument“, das „SELV“ vorführen und zum Ausprobieren freigeben.
The Selv
Selbst ausprobieren steht neben der Livemusik sowieso, getreu dem Motto des Festivals, im Vordergrund, geht es doch schließlich um den freien Zugang zur „neuen Welt“ und was sich damit anfangen lässt. So wird es in der Nähe des Waggons den „Public Bending Space“ geben: Ein Zelt in dem Künstler ihre Arbeiten präsentieren, bauen, sich austauschen können, in dem aber auch jeder mit Interesse und altem Elektronikspielzeug vorbeikommen kann, um selbst ein noch nie dagewesenes Instrument zu bauen.
Künstler wie Marcel Daemgen, der neben zahlreichen anderen Auftritten schon in der bekannten Knitting Factory in New York gastiert hat, oder Theo Goodman, der die lokale Circuit Bending und Noise Szene organisiert, treten live auf. Die Freeform Bands Kama Frajo und Strom bringen lässig jazzige Improvisationskunst und obskure Eigenbauinstrumente wie z.B. Zimmerbrunnen auf einen Nenner, während Kudari 55 klassisch gebendete Klangerzeuger benutzen. Beim Ambientjam des Elektrokartells schließlich, ist der Zugang für alle beteiligten Künstler offen.
Marcel Daemgen
Kama Frajo
Strom
Elektro-Kartell
Abgeschlossen wird das Festival durch einen Liveauftritt des Cellisten Roland Graeter zusammen mit Marcel Daemgen. Graeter kommt für seinen „Musikmarathon 2011“ in den Waggon. Ein Projekt bei dem er an 360 Tagen innerhalb eines Jahres mit 360 Musikern verschiedenster Gattungen zusammen improvisiert. Ein würdiger Abschluss für ein Festival, das sich mit der Kunst des Selbstmachens und seinen Ausdrucksformen beschäftigt.
Roland Graeter
Das komplette Programm für alle drei Tage sowie weitere Infos zur Veranstaltung und zu den Künstlern hier.